Kleinunternehmerregelung – das Richtige für dein Business?

veröffentlicht am 16. August 2018 in Allgemein von

Kleinunternehmerregelung ja oder nein

Du stehst mitten in der Gründungsphase und fragst dich, ob du die Kleinunternehmerregelung nach §19UstG in Anspruch nehmen sollst?
Mit meinem heutigen Artikel will ich dir bei der Entscheidung helfen. Ich will dir zeigen, was du beachten musst und wie ich dabei vorgegangen bin. Ich werde auf die Punkte eingehen, die du bei deiner Entscheidung berücksichtigen musst. An zwei Beispielen zeige ich dir dann, wie du anhand deiner Zahlen eine Entscheidung treffen kannst.


 

Disclaimer
Bitte beachtet, dass ich weder Steuerberater noch Rechtsanwalt bin und daher in diesem Artikel weder eine Steuerberatung noch eine Rechtsberatung geben kann.Ich stelle hier lediglich meine Meinung und meine Erfahrungen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beitrags zur Verfügung und kann demzufolge auch keinerlei Gewährleistung oder Haftung übernehmen.

Bitte befragt im Zweifelsfall einen Steuerberater oder Rechtsanwalt zu diesen Themen

Einführung zur Kleinunternehmerregelung

Was ist eigentlich die Kleinunternehmerregelung nach §19 UStG?

Ok, wahrscheinlich würdest du diesen Artikel nicht lesen, wenn du nicht wüsstest, was die Kleinunternehmerregelung eigentlich ist.
Trotzdem will ich dir die wichtigsten Punkte dazu noch einmal zusammen fassen.

  • Die Kleinunternehmerregelung nach §19 Umsatzsteuergesetz ist eine Steuervereinfachung für kleine Unternehmen.
  • Die Umsatzsteuer wird von den Finanzämtern für Kleinunternehmer nicht erhoben.
  • Auf Rechnungen darf nur der Bruttobetrag angegeben sein. Es darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden.
  • Im Gegenzug kannst du auch keine Vorsteuer aus Rechnungen anderer Unternehmer geltent machen.
  • Die Pflicht zur Umsatzsteuervoranmeldung entfällt für Kleinunternehmer.

Wer darf die Kleinunternehmerregelung beantragen?

Für die Nutzung der Kleinunternehmerregelung gibt der §19UStG zwei Umsatzgrenzen vor:

  • Für das vergangenen Geschäftsjahr darf der erzielte Umsatz nicht höher als 17.500€ liegen
  • Im laufenden Geschäftsjahr darf der vorraussichtlich erzielte Umsatz nicht über 50.000 liegen
  • Der Umsatz ist auf volle 12 Monate hochzurechnen

Du siehst, als Kleinunternehmer hast du einige Vereinfachungen und Vorteile gegnüber regulär umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen.
Beachte dabei aber unbedingt, dass dir als Kleinunternehmer die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug fehlt.
Genau aus diesem Grund muss die Entscheidung für oder gegen die Kleinunternehmerregelung sehr gut durchdacht werden.

Aus meiner Sicht gibt es dabei einige Punkte zu beachten um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Diese Punkte will ich nun mit dir durchgehen.

Der Entscheidungsprozess zur Kleinunternehmerregelung
Kleinunternehmerregelung - der Entscheidungsprozess

Welche Punkte musst du bei deiner Entscheidung betrachten?

Woher kommen deine Einnahmen?

Als ersten Punkt musst du klären, woher deine Einnahmen kommen (werden).

Kommen deine Einnahmen mehrheitlich von anderen, vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmen, hast du als Kleinunternehmer keinen Vorteil.
Für diese Unternehmen ist es egal, ob die Umsatzsteuer ausgewiesen ist. Sie können nämlich die bezahlte Umsatzsteuer sofort über die Umsatzsteuervoranmeldung zrück holen.

Wenn deine Einnahmen mehrheitlich aus Provisionen (Beispielswiese Affilliate Marketing) oder von Privatpersonen kommen, kann es vorteilhaft sein, die Kleinunternehmerregelung zu nutzen.
Du musst dann nämlich keine 19% USt abführen sondern kannst die Einnahmen behalten. Bei privaten Kunden kannst du dadurch einen günstigeren Preis bei gleichem Gewinn anbieten.

Allerdings musst du diese Einnahmen auch komplett als Einnahmen behandeln und zahlst Einkommenssteuer darauf.

Es ist daher sehr wichtig, dass du die Höhe und Herkunft deiner Einnahmen so genau wie möglich abschätzt, bevor du eine Entscheidung über die Nutzung der Kleinunternehmerregelung triffst.

Welche laufenden Ausgaben hast du?

Als nächsten Punkt musst du deine Ausgaben betrachten.
Wie weiter oben beschrieben, entfällt die Pflicht (und auch Möglichkeit) zur Umsatzsteuervoranmeldung. Du musst also die auf den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer an deine Lieferanten zahlen und bekommst die gezahlte USt nicht vom Finanzamt erstattet.

Vorteilhaft auf der Ausgabenseite ist aber, dass dann der Bruttorechnungswert als Ausgabe akzeptiert wird und damit deine Einkommenssteuerlast entsprechend sinkt.

Benötigst du teure Geräte, Maschinen oder Fahrzeuge?

Ein weiterer, sehr wichtiger Punkt ist, ob du für dein Unternehmen teurere Anschaffungen machen musst.
Als Kleinunternehmer bezahlst du für ein Fahrzeug beispielsweise brutto 30.000€. Ohne der Kleinunternehmerregelung würdest du lediglich 25.210€ zahlen da du die 4.790€ USt ja erstattet bekommst.
In Verbindung mit Einkommenssteuerlast muss man hier genau rechnen, ob sich die Kleinunternehmerregelung lohnt. Am Ende des Artikels zeige ich dir natürlich eine Möglichkeit, wie du das machen kannst.

Gründest du ein Nebengewerbe oder Hauptgewerbe?

Bei der Entscheidung für oder gegen die Kleinunternehmerregelung wirst du verschiedene steuerliche Varianten durchrechnen müssen. Dabei spielen deine sonstigen Einnahmen, zum Beispiel aus deiner Angestelltentätigkeit ebenfalls eine große Rolle.

Wie hoch ist der bürokratische Aufwand?

Bevor ich dir als nächstes zeigen werde, wie du abschätzen kannst, ob du dein Unternehmen als Kleinunternehmer führen solltest, will ich noch ganz kurz auf den bürokratischen Aufwand eingehen.
Als Kleinunternehmer entfällt für dich die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung. Auch die Verbuchung von Belegen ist etwas einfacher da du nur den Bruttowert verbuchen musst und nicht zwischen Rechnungsbetrag und Umsatzsteuer trennen musst. Das spart Zeit und ist natürlich oberflächlich betrachtet ein Vorteil.

Hier auf meiner Seite Buchhaltung als Kleinunternehmer zeige ich dir aber, warum du auf jeden Fall eine Buchhaltung für dein Unternehmen machen solltest.
Nutzt du dafür das von mir vorgestellte Tool lexoffice Buchhaltung & Berichte ist die Umsatzsteuervoranmeldung mit ein paar Klicks erledigt und elektronisch an das Finanzamt übermittelt.
Auch die Einnahme-Überschussrechnung für den Jahresabschluss kannst du mit so einem Tool ganz einfach erzeugen und die Werte in deine Steuererklärung übernehmen.
Aus der Sicht brauchst du dir damit keine Sorgen über den Mehraufwand machen.

So triffst du die Entscheidung

Nachdem ich dir die Punkte erläutert habe, die du bei deiner Entscheidung für oder gegen die Kleinunternehmerregelung nach §19UStG berücksichtigen musst, zeige ich dir nun endlich, wie du eine ordentliche Abschätzung vornehmen kannst.
Dazu rechnest du für beide Situationen die Cashflow- Situation und die Gewinnsituation für die Steuererklärung aus. Ich werde das an zwei Beispielen mit dir durchgehen.

Beispiel 1 Nebengewerbe Online-Marketing

Als erstes Beispiel nehmen wir einen Online-Marketer, der seine Einnahmen vorrangig aus Affiliateeinnahmen generiert und ein Nebengewerbe betreibt.
  • Einnahmen: 5.000€ brutto
  • Laufende Ausgaben:  100€ brutto pro Monat für Webspace, Telefon, Internetanschluss → 1.200€
  • Anschaffung im 1. Jahr: Computer 2.000€
  • Gründung als Nebengewerbe
Nachdem du die nötigen Daten zusammen getragen bzw. abgeschätzt hast, rechnest du dir als erstes die Netto- Situation für beide Fälle aus.

Kleinunternehmer:

  • Einnahmen: 5.000€ netto, da keine USt abgeführt werden muss
  • laufende Ausgaben: 1.200€ netto, da die gezahlte USt nicht erstattet wird
  • Computer: 2.000€ netto, weil auch hier keine USt erstattet wird
  • Afa 2.000€/36 Monate*12Monate → 666,67€
Daraus ergibt sich folgender Cashflow:

5.000€ Einnahmen – 1.200€ laufende Ausgaben – 2.000€ Computer = 1.800€

Der Jahresüberschuss für die Steuer errechnet sich dann wie folgt:

5.000€ Einnahmen – 1.200€ laufende Ausgaben – 666,67€ Afa = 3.133,33€

ohne Kleinunternehmerregelung:

  • Einnahmen: 5.000€
  • abzuführende USt: 798,32€
  • Einnahme Netto: 4.201,68€
  • laufende Ausgaben: 1.200€
  • erstattete USt: 191,60€
  • Ausgaben netto: 1.008,40€
  • Computer: 2.000€
  • erstattete USt: 319,33€
  • Computer netto: 1.680,70€
  • Afa: 1.680,70€/36*12 =560,22€
  • USt ans FA: 287,26€
Daraus ergibt sich folgender Cashflow:

5.000€ Einnahmen – 798,32€ USt -1.200€ laufende Ausgaben +191,60€ USt – 2.000€ Computer + 319,33€ USt = 1.512,61€

Der Jahresüberschuss für die Steuer ergibt sich wie folgt:

4.201,68€ Einnahmen + 798,32€ vereinnahmte USt – 1.008,40€ laufende Ausgaben – 191,60€ USt -560,22€ Afa – 319,33€ USt-287,26€ USt= 2.633,19€

Die steuerliche Bewertung

Alleine mit diesen Zahlen kannst du noch nicht genau sagen, ob sich die Kleinunternehmerregelung nach §19 UStG für dich wirklich rechnet. Als nächsten und letzten Schritt musst du nun noch die steuerliche Bewertung vornehmen denn erst dann kannst du sagen, mit welchem Modell du am Jahresende das meißte Geld auf dem Konto haben wirst. Dabei spielen andere Einkünfte, beispielsweise aus deiner Angestelltentätigkeit, Kapitalerträge, Kinderfreibeträge etc. eine große Rolle.

Da die steuerliche Bewertung nicht ohne Weiteres allgemeingültig dargestellt werden kann, habe ich die Zahlen mal anhand meiner Steuererklärung von 2017 nachgerechnet.
Dabei habe ich folgende Werte erhalten.

Steuererstattung als Kleinunternehmer: 322,36€                        Endkontostand(Cash+Steuererstattung): 1.800€+322,36€=2.122,36€
Steuererstattung ohne Kleinunternehmerregelung: 549,07€    Endkontostand(Cash+Steuererstattung): 1.512,61€+549,07€=2.061,68€

Fazit

In diesem Beispiel lohnt sich die Anwendung der Kleinunternehmerregelung. Sowohl Cash, Gewinn als auch Endkontostand sind höher als bei einem Unternehmen ohne Kleinunternehmerregelung.

Beispiel 2 Nebengewerbe Online-Marketing mit erhöhtem Bedarf an Büroausstattung

Als zweites Beispiel nehmen wir den gleichen Online-Marketer, allerdings gibt er jetzt noch Geld für Büroazsstattung aus und verdient im 1. Jahr etwas weniger.
  • Einnahmen: 2.000€ brutto
  • Laufende Ausgaben:  100€ brutto pro Monat für Webspace, Telefon, Internetanschluss → 1.200€
  • Anschaffung im 1. Jahr: Büroausstattung 8.000€, Computer 2.000€
  • Gründung als Nebengewerbe

Kleinunternehmer:

  • Einnahmen: 2.000€ netto, da keine USt abgeführt werden muss
  • laufende Ausgaben: 1.200€ netto, da die gezahlte USt nicht erstattet wird
  • Büroausstattung 8.000€ netto, weil auch hier keine USt erstattet wird
  • Afa 8.000€/156 Monate*12Monate → 615,38€
  • Computer 2.000€ netto, weil auch hier keine USt erstattet wird
  • Afa 2.000€/36 Monate * 12 Monate → 666,67€
Daraus ergibt sich folgender Cashflow:

2.000€ Einnahmen – 1.200€ laufende Ausgaben – 8.000€ Büroausstattung – 2.000€ Computer = -9.200€

Der Jahresüberschuss für die Steuer errechnet sich dann wie folgt:

2.000€ Einnahmen – 1.200€ laufende Ausgaben – 615,38€ Afa – 666,67€ Afa = -482,05€

ohne Kleinunternehmerregelung:

  • Einnahmen: 2.000€
  • abzuführende USt: 319,33€
  • Einnahme Netto: 1.680,67€
  • laufende Ausgaben: 1.200€
  • erstattete USt: 191,60€
  • Ausgaben netto: 1.008,40€
  • Büroausstattung: 8.000€
  • erstattete USt: 1.277,31€
  • Büroausstattung netto: 6.722,69€
  • Afa: 6.722,69€/156Monate * 12 Monate = 517,13€
  • Computer: 2.000€
  • erstattete USt: 319,33€
  • Computer netto: 1.680,70€
  • Afa: 1.680,70€/36*12 =560,22€
  • USt vom FA: 1.468,91€
Daraus ergibt sich folgender Cashflow:

2.000€ Einnahmen – 319,33€ USt -1.200€ laufende Ausgaben +191,60€ USt – 8.0000€ Büroausstattung + 1.277,31€ USt – 2.000€ Computer + 319,33€ USt = -7.731,09€

Der Jahresüberschuss für die Steuer ergibt sich wie folgt:

1680,67€ Einnahmen + 319,33 vereinnahmte USt – 1.008,40€ laufende Ausgaben – 191,60€ USt – 517,13€ Afa – 1.277,31€ USt – 560,22€ Afa – 319,33€ USt + 1.468,91€ USt = -405,08€

Die steuerliche Bewertung

Hier siehst du schon, dass sich die zu versteuernden Gewinne der beiden Varianten kaum unterscheiden. Damit musst du die genaue Berechnung gar nicht mehr durchführen.
Ich habe das trotzdem mal für dich mit meinen Daten durchgetippt und bin auf folgende Ergebnisse gekommen:

Steuererstattung als Kleinunternehmer: 211,82€                       Endkontostand(Cash+Steuererstattung): -9.200€ + 211,82€ = -8.776,36€
Steuererstattung ohne Kleinunternehmerregelung: 177,47€    Endkontostand(Cash+Steuererstattung): -7.731,09€ + 177,47€ = -7.553,62€

Fazit

In diesem Fall lohnt sich der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung, zumindest im ersten Jahr. Du gibst insgesamt circa 1.200€ weniger aus. Bitte beachte aber, dass die Entscheidung gegen die Kleinunternehmerregelung für 5 Jahre bindend ist. Du musst also auch die Folgejahre abschätzen und entsprechend berechnen.

Zusammenfassung

Du siehst, bei der Entscheidung für oder gegen die Kleinunternehmerregelung gibt es viele Punkte zu beachten und du musst genau rechnen, welche Variante sich für dich lohnt. Ich hoffe, ich konnte dir mit dem Artikel helfen, eine fundierte Entscheidung für oder gegen die Kleinunternehmerregelung zu treffen.

Viel Erfolg mit deinem Unternehmen,

Alex


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3 comments

  • Martin

    09.01.2019, 12:44 Uhr

    Ich freue mich das sich jemand mit diesem Thema befasst 🙂 Gerade für mich der seine ersten Schritte im Affiliate Marketing machen möchte ist es eine große Hilfe. Es ist schon anstrengend genug für mich herauszufinden was wichtig ist, worauf man achten muss und so weiter…

    Ich habe mich letztlich für die Kleinunternehmerregelung entschieden, da meine Einnahmen aktuelle (ca. 50 euro im Monat) überschaubar sind, ebenfalls meine Ausgaben die sich auf Webhosting, Template und ggf. Internet beziffern. Ich hoffe das du auf deiner Seite in Zukunft auch Hilfen für Einkommensteuererklärung als Kleinunternehmen etc. anbietest.

    • Alex

      10.01.2019, 21:40 Uhr

      Hallo Martin,
      danke für deinen Kommentar. Ob ich zukünftig auch zu Steuerthemen schreiben werde, weiß ich allerdings noch nicht. Das ist ja immer so eine rechtliche Sache, wenn man kein steuerberater ist. Falls du spezielle Fragen hast, kannst du mich gerne anschreiben. Ich mache meine Steuererklärungen seit Jahren selber und stehe gerne mit meiner Erfahrung zur Verfügung.

      Für dein kleines Unternehmen wünsche ich dir auf jeden Fall viel Erfolg. Mögen zu den 50€ noch ein paar 0’en dazukoommen 🙂

      LG,
      der Alex

  • Toni Krause

    23.07.2019, 11:37 Uhr

    Mein Onkel plant sein eigenes Unternehmen zu gründen. Er beschäftigt sich derzeit mit der Kleinunternehmerregelung. Danke für den Tipp, dass eine Entscheidung für oder gegen die Regelung 5 Jahre lang bindend ist und im Vorfeld genau gerechnet werden sollte. Ich werde ihm raten einen Steuerberater zu konsultieren.